I Der Säemann -Andante (2 min.), II Lied der Sonne-Allegro vivace (1 min.), IIIGebet-Andante (2 min.)
Gesamtdauer: 5 Min.
Besetzung: I S-A-T-B; II S-A-B; III S-A-T-B
UA: Osnabrück 1960, Interpreten (Chor) noch zu klären
Die Partitur liegt als Handschrift vor
TEXTE:
I Der Säemann
Durch die Nächte
der irdischen Völker
schreitet, im Antlitz
Weltalls-Weihe,
langsam ein Säemann.
In weitem Schwunge
wirft er die Runden
goldener Körner
über die dunklen
Äcker der Menschheit.
Und aus den Schollen
schießen Ähren
goldfackelköpfig,
flammende Säulen,
Nachtsonnenfeuer.
Fern im Dunkel
schwindet der Genius
der Völker, Nächte
mit goldenen Würfen
weiter durchsegnend.
II Lied der Sonne
Ich bin die Mutter Sonne und trage
die Erde bei Tag und Nacht, die Erde bei Tage.
Ich halte sie fest und strahle sie an,
Daß alles auf ihr wachsen kann.
Stein und Blume, Mensch und Tier,
alles empfängt sein Licht von mir.
Tu auf dein Herz wie ein Becherlein,
denn ich will leuchten auch dort hinein!
Tu auf dein Herzlein, liebes Kind,
Daß wir e i n Licht zusammen sind!
III Gebet
Dich ruf ich, Schmerz; mit aller deiner Macht
trifft dieses Herz, daß es gemartert werde
und, das ich bin, dies Häuflein arme Erde,
emporhält aus der allgemeinen Nacht.
Dich ruf ich, Menschenfreund der besten Art;
mißtraue nicht, daß ich dich je verkennte;
du Schmerz, durch den uns wohl das Größte ward,
was Menschenwert von Gott und Tiere trennte.
Dich ruf ich; gib mir deinen bittern Krug;
und siehst du mich auch bang mich von ihm
wenden; –
da mir das Glück allein nicht Kraft genug,
so hilf denn du mein Tagwerk mir vollenden.
Pressekommentare:
Osnabrücker Tageblatt (OT) vom 5.2. 1960
…Weniger traditionsverbunden zeigt sich Gerhart Schäfer in seinen drei gemischten Chören nach Versen von Christian Mordgenstern. Harte Dissonanzspannungen in der linearen Stimmführung verbinden sich mit plastischer Ausdrucksfähigkeit und musikantischem Impuls. Formal besonders gelungen erscheinen die beiden ersten Sätze.
Freie Presse Osnabrück vom 5.2. 1960:
..auch Gerhart Schäfers Chöre nach Versen Christian Morgensterns, besonders „Der Sämann“ und das „Lied der Sonne“ haben trotz ihrer klanglichen Herbheit einen vitalen, individuellen Typus.